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YO!Science – Lust auf Technik und Forschung

Am Mittwoch, den 31. Jänner 2018 fand eine fti…remixed Dialogveranstaltung in Form eines Speeddatings im Rahmen YO!TECH – Lust auf Technik – Informationsveranstaltung für SchülerInnen der Oberstufe über technische und naturwissenschaftliche Ausbildungswege – im Technischen Museum Wien statt. Schülerinnen und Schüler der AHS Sigmund Freud-Gymnasium 1020 Wien, und der Hertha Firnberg Schulen für Wirtschaft und Tourismus 1210 Wien hatten die Möglichkeit, 7 Expertinnen und Experten kennen zu lernen und sie über ihren Berufsweg und Arbeitsalltag zu befragen.

Projektleitung: Christa Bernert, Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT)

Konzept und Moderation: Victoria Matejka und Johannes Brossmann, PlanSinn Planung und Kommunikation GmbH

SchülerInnen beim fti…remixed Speeddating im YO!TECH Oberstufe 2018 © Cox Orange/Roland Unger

Folgende Expertinnen und Experten haben beim Speeddating mitgemacht:

Abheben mit Pegasus

Carsten Scharlemann berichtete von der Entwicklung des CubeSats Pegasus © Cox Orange/Roland Unger

Bei Carsten Scharlemann dreht sich alles um Aerospace Engineering, zu Deutsch Luft- und Raumfahrttechnik. In diesem Feld hat der Forscher an der Technischen Universität München sein Studium absolviert, an der Ohio State University in den USA seinen Ph.D. erhalten und jetzt leitet er den gleichnamigen Masterstudiengang an der Fachhochschule Wiener Neustadt.

Das Gestell eines CubeSats © BMVIT / Bernert
Das Gestell eines CubeSats © BMVIT / Bernert

Für Carsten Scharlemann war schon seit Kindestagen klar, dass er sich mit Raumfahrt beschäftigen will. Gesagt, getan! Mittlerweile leitet er einen Studiengang zu diesem Thema in Österreich. Um die SchülerInnen einzubinden, ließ Herr Scharlemann sie raten, wie schwer und teuer Satelliten normalerweise sind. Es wurde fleißig geraten, bevor der Forscher erklärte, dass klassische Satelliten zwischen 1-5 Tonnen wiegen und rund 300 Millionen Euro kosten. Kaum zu glauben, als er dann von Pegasus erzählt: der CubeSat, ein Mini-Satellit, wiegt gerade mal 2 Kilogramm und seine Außenmaße betragen 10x10x20 cm, ca. so groß wie ein großes Packerl Saft. Auch die Kosten sind viel geringer, rund 250.000€. Der CubeSat Pegasus wurde u.a. mit Studierenden der FH Wiener Neustadt entwickelt, und umkreist seit Juni 2017 die Erde in 519km Höhe. Er sammelt Daten zur Atmosphäre und schickt sie zurück zur Erde. Viele Jugendlichen hatten noch nie von Mini-Satelliten gehört und waren begeistert.

Was ist eigentlich Industrielle Verfahrenstechnik?

Christiane Mimra berichtete vom Studium der industriellen Verfahrenstechnik © Cox Orange/Roland Unger

Christiane Mimra studiert seit 2015 Industrielle Verfahrenstechnik an der Montanuniversität Leoben. Sie hat bereits einige Praktika in diesem Bereich absolviert, u.a. bei der voestalpine. An der Montanuni Leoben ist sie in der Studierendenvertretung (ÖH) und im Referat für Öffentlichkeitsarbeit tätig.

Zum Einstieg fragte Christiane Mimra die SchülerInnen, ob sie wussten, was industrielle Verfahrenstechnik sei. Dann erklärte die versierte Studentin, um was es dabei geht, nämlich um den Ablauf von verschiedenen technischen Verfahren in der Industrie.

Die Fragen, die sich VerfahrenstechnikerInnen bei ihrer Arbeit stellen, sind: Was für einen Input (Material, Stoff, etc.) gibt es? Und was für ein Output (erzeugtes bzw. verändertes Material) soll erzielt werden? Was für Schritte braucht es dafür? Ein Beispiel ist Eisenerz, das als Input für die Stahlindustrie fungiert, und aus dem Eisen gewonnen und schließlich Stahl erzeugt wird.

Als Anschauungsobjekt hatte Christiane Mimra drei kleine Fläschchen dabei, in denen eine Flüssigkeit und Feststoffe vermischt waren. Sie erklärte, dass die Flüssigkeit, in diesem Fall Wasser, als Trennmedium fungiert: beim Schütteln der Fläschchen vermischten sich die Feststoffe zunächst mit dem Wasser, bevor sie dann entsprechend ihrer Dichte absanken, die schwersten Teilchen zuerst, leichtere später. Dieser Mini-Versuch zum Auftrennen von Stoffen kann als Exempel für die Prozesse verstanden werden, mit denen sich VerfahrenstechnikerInnen im industriellen Maßstab beschäftigen.

Die Studentin hatte aber auch ein paar persönliche Tipps auf Lager: sie erzählte, dass sie nach der AHS ein technisches Studium wählte – und das gut machbar ist! – und empfahl den SchülerInnen, sich unbedingt zur Wahl stehende Unis oder Fachhochschulen vor Ort anzuschauen. Schließlich ist es einfach auch wichtig zu merken, ob man sich an einem Ort wohl fühlt!

Wundermittel „Blattlaus-Kacke“

Eva Ehmoser machte ihre Begeisterung für das natürliche Wundermittel Schellack deutlich spürbar © Cox Orange/Roland Unger

Eva Ehmoser hat zweifelsohne einen für sich passenden Bildungs- und Berufsweg eingeschlagen. Das merkt man an der Begeisterung, mit der sie über ihre Forschungsarbeit spricht. Im Biologie-Studium spezialisierte sie sich bald auf Biochemie, später auch auf Biophysik und Nanobiotechnologie. Heute, nach vielen Lehrstellen an Universitäten in Deutschland und Singapur, ist sie Leiterin des Institutes für synthetische Bioarchitekturen an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien.

„In der Schule habe ich mich durch den sprachlichen Zweig gequält“, erzählt die Forscherin. Zum Glück hat sie schnell erkannt, dass ihre wahre Begeisterung in den Naturwissenschaften liegt. Heute beforscht Frau Ehmoser an ihrem Institut an der BOKU,  wie Naturprodukte so verarbeitet werden können, um Erdölprodukte als Werkstoffe zu ersetzen.

Der harzartige Stoff Schellack © PlanSinn / Matejka

Als Beispiel hat sie Schellack mitgebracht, eine harzartige Substanz, die als Ausscheidungsprodukt von Pflanzenläusen entsteht. Schellack wird schon in vielen Produkten verwendet: In Lebensmitteln wie Menthos oder Smarties, in Tabletten, aber auch in der Möbelpflege oder in Haarspray. Frau Ehmoser versucht den Schellack in ihrem Forschungsprojekt nun auch wasserstabil zu machen. So könnte es zum Beispiel auch im Flugzeugbau oder der Herstellung von Windkraftwerken verwendet werden – als Alternative zu Mitteln aus fossilen Rohstoffen. Um zu verstehen, wie aufwendig Materialforschung ist, erzählte die Forscherin, dass die Entwicklung neuer Materialien vom Labor bis zum nutzbaren Produkt meist zwischen 5 und 10 Jahren dauert.

Die Zukunft der Stadt und die Stadt der Zukunft

Daiva Jakutyte-Walangitang beschäftigt sich mit nachhaltiger Stadtentwicklung © Cox Orange/Roland Unger

Daiva Jakutyte–Walangitang hat Architektur an der Fachhochschule Frankfurt am Main (Deutschland) studiert und einen Master in Europäischer Urbanistik an der Bauhaus-Universität Weimar absolviert. Seit 2011 arbeitet sie am Energy Center des Austrian Institute of Technology (AIT). Ihr Themenfeld ist nachhaltige Stadtentwicklung mit Schwerpunkten auf urbanen Transformationsprozessen, Integration von erneuerbaren Energiequellen im städtischen Umfeld und innovative Quartiersentwicklung.

Daiva Jakutyte-Walangitang erzählte den SchülerInnen zunächst, was mit nachhaltiger Stadtentwicklung gemeint ist. Einerseits geht es darum, wie die Zukunft der Städte aussieht: immer mehr Menschen wohnen in Städten, brauchen Arbeit, Bildung, und Versorgungsmöglichkeiten, gleichzeitig müssen Energie- und Ressourcenverbrauch reduziert werden um den Klimawandel einzudämmen. Andererseits geht es darum, uns vorzustellen: Wie soll die Stadt der Zukunft aussehen? Wie entwickeln bzw. erhalten wir die Lebensqualität in den Städten?

Um diese komplexen Fragen beantworten zu können, arbeitet Daiva Jakutyte-Walangitang viel mit Menschen zusammen, mit ForscherInnen aus verschiedenen Disziplinen, aber auch mit Stadt-BewohnerInnen. Sie erzählte den SchülerInnen, dass ihr Berufsfeld deshalb eher einen „horizontalen-verbindenden“ Charakter hat, und sich weniger auf ein ganz spezifisches Thema spezialisiert und darin „vertikal“ vertieft.

Kundenkontakte, Planen & Tüfteln – die Arbeitswelt der Softwareentwicklung

Philipp Frauenthaler erzählte von seiner Arbeit als Softwareentwickler © Cox Orange/Roland Unger

Philipp Frauenthaler studiert an der TU Wien das Masterstudium Software Engineering & Internet Computing. Gleichzeitig arbeitet er als Java-Softwareentwickler bei der Firma Cenarion Information Systems GmbH.

So sieht es aus, wenn Philipp Frauenthaler an einer Software schreibt © PlanSinn / Matejka

Viele stellen sich Berufe in der Softwareentwicklung falsch vor, so die Erfahrung von Herrn Frauenthaler. Man sitzt nicht abgeschottet vor dem Bildschirm und schreibt Programme. Im Gegenteil – ein wichtiger Part der Arbeit besteht darin, gemeinsam mit den KundInnen passende und innovative Lösungen für deren Anliegen zu finden. Gemeinsam feilt man an Möglichkeiten und dann geht es ans Austüfteln der Software. Auch das Themenfeld Marketing ist im Beruf nicht zu unterschätzen.

Einige Jugendliche am Tisch von Herrn Frauenthaler interessierten sich besonders für die attraktiven Praktikumsmöglichkeiten bei der Firma Cenarion. Die Firma Cenarion bietet auch heuer wieder Sommerpraktika für SchülerInnen an. Hier können PraktikantInnen ein Gamification-Projekt von der Produktentwicklung bis zur Fertigstellung der Software selbst bearbeiten und bekommen dabei hilfreiche Unterstützung vom Team. Das Motto des Praktikums lautet dann „Bessere Software für eine bessere Welt“. Herr Frauenthaler zeigte am Laptop Projekte, die von anderen PraktikantInnen schon umgesetzt wurden. Ein eigener Praktikablog berichtet über die Erfahrungen der Jugendlichen. Jugendliche ohne Vorwissen können hier erste Erfahrungen im Bereich Informatik sammeln.

Etwa die Hälfte aller PraktikantInnen waren bisher Mädchen.
Nach dem Ende des Speeddatings blieben einige TeilnehmerInnen noch länger sitzen und unterhielten sich mit Herrn Frauenthaler über die Möglichkeiten, die ein solches Praktikum bietet. Wer immer Interesse hat – Herr Frauenthaler ist offen für Anfragen!

Die Niere, die Informatik braucht

Susanne Schaller erklärte, wie ihre neue Software Organstransplantationen unterstützen kann © Cox Orange/Roland Unger

Susanne Schaller hat zwei ihrer liebsten Schulfächer – Biologie und Informatik – im Bioinformatikstudium an der FH Oberösterreich, Campus Hagenberg, kombiniert. Sie hat zwei Masterstudien absolviert, eines in Bioinformatik in Schweden und eines in Biomedizininformatik in Österreich. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrende an der Fachhochschule Oberösterreich, Campus Hagenberg.

Biologie und Informatik – das sind erstmal zwei Berufsfelder, die man nicht miteinander in Verbindung bringen würde. Frau Schaller machte anhand ihres derzeitigen Forschungprojekts deutlich, wie wichtig die Kombination der beiden Felder sein kann: Sie schreibt eine Software, mit der man vorher bestimmen kann, ob eine Spender-Niere zum Empfänger-Körper passt. Bei Organtransplantationen ist nicht nur die richtige Blutgruppe entscheidend. Auch bestimmte Komponenten der DNA sind wichtig, damit der Empfänger-Körper die neue Niere nicht abstößt. Mit der neuen Software von Frau Schaller wird es möglich sein, die Erbinformationen von Spender und Empfänger entsprechend zu testen. Frau Schaller zeigte den Jugendlichen, wie ihr Programm aussieht und wie man die Übereinstimmung von Messdaten ablesen kann. Somit sinkt die Wahrscheinlichkeit von Fehlversuchen. Transplantationen sind sehr heikel, da zuvor das Immunsystem des Empfängers ganz runtergefahren werden muss. Es ist daher besonders wichtig, dass die meisten Risiken schon vorher ausgeschlossen werden.

Wann kommt meine Straßenbahn…?

Lukas Rohatsch bringt viel Begeisterung für seinen Fachbereich mit © Cox Orange/Roland Unger

Nach dem Bachelorstudium Verkehr und Umwelt an der FH Technikum Wien studiert Lukas Rohatsch derzeit im Masterstudium „Integrative Stadtentwicklung – Smart City“ an derselben Fachhochschule. Hier ist er auch politisch aktiv als stellvertretender Vorsitzender der HochschülerInnenschaft und als Studienvertreter für Verkehr und Umwelt. Nebenbei arbeitet er als Junior Researcher an der FH.

Dem jungen Forscher gefällt an seinem Arbeitsfeld vor allem, dass es verschiedene Themen beinhaltet, zum Beispiel Energiewirtschaft, Stadtentwicklung, IT und Mobilität. Das Ziel ist, nachhaltige Lösungen für Städte zu entwickeln, die die Lebensqualität der BewohnerInnen steigert.

Zum Beispiel durch das Projekt, das Herr Rohatsch den Jugendlichen vorstellte: Er entwickelte eine App, die schnell und übersichtlich Verkehrsinfos gibt. Alle 18 Sekunden erhält die App ein Update über die Verkehrslage. So kann das Programm errechnen, ob die Straßenbahn oder doch das Citybike die bessere Variante für den Nachhause-Weg darstellt. Die App soll vor allem als Info-Screen in öffentlichen Gebäuden genutzt werden, zum Beispiel am Ort des Speeddatings, im Technischen Museum. In der Ausgangshalle können dann alle BesucherInnen sehen, wo die nächsten Stationen von Öffis und citybike sind oder wo es car2go-Autos oder e-bike-Ladestationen in der Nähe gibt.

Das Projekt machte den Jugendlichen deutlich sichtbar, wie IT zu mehr Lebensqualität und auch zu nachhaltigerer Mobilität in Städten führen kann.

 


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