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fti…remixed Speeddating mit Forscherinnen & Entwicklerinnen im Rahmen der FIT Infotage 2023

Am Donnerstag, den 02. Februar 2023, fand eine fti…remixed Dialogveranstaltung in Form eines Speeddatings im Rahmen der FIT Infotage an der Fachhochschule Technikum Wien statt.

Ziel der fti…remixed-Dialogveranstaltung ist es, Jugendliche mit Forscherinnen bzw. Entwicklerinnen zusammenzubringen und den Jugendlichen die Berufsbiografien, als auch deren Forschungsinhalte näher zu bringen.

Schüler:innen und Forscherinnen beim Speeddating im Rahmen der FIT Infotage 2023

Bei den FIT Infotagen handelt es sich um ein zweitägiges Studienorientierungs-Event für Mädchen* und junge Frauen* höherer Schulen. Bei der FIT-Infomesse fanden Schülerinnen* zahlreiche Hochschulen, ÖHs, Unternehmen und Institutionen, die Infos zu MINT-Studiengängen und Karrieremöglichkeiten sowie Tipps und Tricks zur Studienwahl weitergaben. Ein buntes Angebot an Workshops, Talks und Live-Aktionen rund um das Thema Frauen* in Naturwissenschaft und Technik wurde geboten. (https://fitwien.at/fit-infotage-2023/)

Ziel der fti…remixed-Dialogveranstaltung ist es, Jugendliche mit Forscherinnen bzw. Entwicklerinnen zusammenzubringen und den Jugendlichen die Berufsbiografien, als auch deren Forschungsinhalte näher zu bringen. An der Veranstaltung nahmen zwei Schulklassen aus Wien und sieben Forscherinnen und Entwicklerinnen an sechs Tischen teil. Die Jugendlichen wechselten von Tisch zu Tisch und hatten die Möglichkeit Fragen an die Forscherinnen zu stellen.

Projektleitung: Christa Bernert, Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Abteilung III/I2 Forschungs- und Technologieförderung (BMK)

Konzept und Moderation: Carina Krausler, Anne Sulzberger und Andrea Dobersberger, PlanSinn Planung & Kommunikation GmbH

Folgende Expertinnen haben beim Speeddating mitgemacht:

  • Kerstin Kugler arbeitet bei Wiener Netze mit Schwerpunkten im Bereich Material- und Lagerwirtschaft.
  • Bingyu Zhao arbeitet als Universitätsassistentin am Institut für Verkehrswissenschaften an der Technischen Universität Wien und beschäftigt sich mit Simulationsmodellen für Transport- und Verkehrssysteme.
  • Eveline Wandl-Vogt arbeitet an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sie beschäftigt sich mit der Schnittstelle Wissenschaft:Kunst:Technik.
  • Edit Paráda forscht seit Jänner 2022 an der Fachhochschule Technikum Wien und befindet sich gerade im letzten Semester des Masterstudiengangs „Erneuerbare Energien“.
  • Nina Niederhametner ist Junior Researcher bei SBA Research. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt bei Data Privacy und Machine Learning.
  • Diana Strauß und Verena Schuster absolvierten beide ein FEMtech Praktikum bei SBA Research und beschäftigen sich mit dem breiten Themenfeld Machine Learning.

Kerstin Kugler: Warum ist Wareneingang und Abfallwirtschaft ein zukunftsorientiertes Arbeitsfeld?

Kerstin Kugler arbeitet bei Wiener Netze. Ursprünglich ist sie über ein Praktikum in das Unternehmen eingestiegen. Mittlerweile ist sie Gruppenleiterin für Abfallwirtschaft und Wareneingang. Sie beschäftigt sich mit der Abwicklung von Jahresbauverträgen, Sortimentsbereinigung, Prüfung von Materialverfügbarkeit und technischen Attesten. Kerstin hat das Bachelorstudium Elektronik-Wirtschaft an der Fachhochschule Technikum Wien absolviert sowie anschließend ein Masterstudium in Arbeits- und Organisationspsychologie und HR Management an der Fachhochschule des BFI Wien gemacht. Aktuell studiert sie das Masterstudium Business Administration an der Fachhochschule Burgenland. Alle ihre Studien hat sie berufsbegleitend gemacht. Dazu ermutigt sie auch die anwesenden Jugendlichen. Denn berufsbegleitend studieren ist möglich und bringt auch Vorteile mit sich: Vieles kennt man bereits aus der Praxis und tut sich so mit dem Lernen leichter. Dazu kann man sich im Unternehmen weiterentwickeln und steigt in der Karriereleiter bereits während des Studiums auf.

Kerstin hat als Forschungsgegenstand eine 20KV-Leitung mitgebracht. Diese besteht aus unterschiedlichen Materialien und wird in ganz Wien unter der Erde verbaut. Bei Störungen müssen Kabel oft getauscht werden. Und damit das möglich ist, muss immer genügend Material im Lager sein. Darum kümmert sich Kerstins Gruppe. Die alten Kabelreste müssen fachgerecht entsorgt werden. Das ist bei alten Kabeln gar nicht so einfach, denn diese wurden noch mit einer in Öl getränkten Papierummantelung verbaut. Dieses Öl ist umweltschädlich und muss daher gesondert entsorgt werden. Die Technologie hat sich in diesem Bereich weiterentwickelt, daher werden heute ganz andere Materialien wie z.B. Kunststoffe für die Ummantelung von Kabeln verwendet. Diese haben den Vorteil, dass sie einfacher in der Entsorgung sind. Denn das Kabel muss in die Einzelbestandteile zerlegt werden. Nur so kann es in die Kreislaufwirtschaft zurückgeführt werden. Das Kupfer wird beispielsweise verkauft und kann zu neuen Kabeln aufbereitet werden. Diese kann Kerstins Gruppe im Wareneingang wieder einkaufen. So schließt sich der Kreis und es wird nichts verschwendet. Denn gerade Kupfer ist ein begehrter Rohstoff. Es ist wichtig, dass dieser wieder verwendet wird. Recycling ist ein sehr aktuelles Thema, das dem Klimawandel entgegenwirkt. Deshalb, sagt Kerstin, ist es auch ein zukunftsorientiertes Arbeitsfeld.

Bingyu Zhao: Nutzt digitale Zwillinge von Städten für ihre Verkehrs-Simulationen

Bingyu ist ursprünglich aus China und hat im Rahmen ihrer Karriere schon viel Auslandserfahrung gesammelt. Seit 2022 ist sie als Universitätsassistentin am Institut für Verkehrswissenschaften an der Technischen Universität Wien tätig.

Sie beschäftigt sich dort mit der Erstellung von Simulationsmodellen für Verkehrs- und Transportsysteme für unterschiedliche Anwendungsfälle wie z.B. der Optimierung von Intervallen des Öffentlichen Verkehrs. Ziel einer weiteren Simulation war es beispielsweise, Städten oder Gemeinden zu helfen, wie sie sich nach Katastrophenfällen wie Fluten oder Erdbeben, besser erholen und vor allem schnell und sicher die Bevölkerung evakuieren können.

Die Schüler:innen hörten Bingyu beim Speeddating gespannt zu, wie sie von ihren zahlreichen Auslandsaufenthalten berichtete. Während sie ihren Bachelor of Engineering an der Tongji Universität in China absolvierte, war sie Gaststudentin an der Universität in Singapur. Ihren PhD (Doktor für Philosophie) machte Bingyu in Großbritannien an der Universität Cambridge bevor sie für ihren Postdoc an das Institut für Bau- und Umweltingenieurwesen an der University of California in Berkeley, USA, ging. Zur Erinnerung an die Zeit in den unterschiedlichen Städten sammelte Bingyu kleine Nummerntafeln von Autos, die sie als Forschungsgegenstand mitgebracht hatte. Außerdem brachte sie ein kleines Modellauto als weiteren Forschungsgegenstand mit und erzählte den Jugendlichen, dass es für sie ihre Arbeit rund um das Thema Verkehr widerspiegelt. Die Schüler:innen wollten von der Forscherin wissen, wie sie ihre Reisen im Rahmen ihrer Karriere finanziert hat. Sie erzählte, dass das mit verschiedenen Förderungen möglich war und dass die Auslandsaufenthalte hauptsächlich zu ihrer Arbeit dazugehören, wie z.B. der Besuch von Konferenzen, und somit oft darüber finanziert werden. Die Jugendlichen waren außerdem neugierig und fragten, wie viel Bingyu eigentlich in einer Woche so arbeitet. Die Expertin berichtete, dass sie sich ihre Arbeitszeit flexibel einteilen kann. Wenn sie gerade an einer neuen Idee arbeitet und sie so richtig im „Flow“ ist, arbeitet sie oft mehr als 40 Stunden, es gibt aber auch ruhigere Zeiten. Spaß macht es ihr aber immer, betonte sie.

Eveline Wandl-Vogt: Wie bringt man Wissenschaft, Kunst und Technik zusammen?

Eveline Wandl-Vogt arbeitet an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Dort beschäftigt sie sich mit der Schnittstelle Wissenschaft:Kunst:Technik. Sie will Wissenspartnerschaften entwickeln, in denen Antworten auf Fragen unserer Zeit gesucht werden. Dabei bringt sie Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen. Zum Beispiel Wissenschafter:innen und Künstler:innen. Das künstlerische Denken wie das Improvisieren und Experimentieren kann in der Forschung verwendet werden, um ganz Neues zu entwickeln.

Eveline beschäftigt sich oft mit Szenarien. Zum Beispiel wie könnte die räumliche Zukunft Wiens aussehen? Dabei entwickelt sie verschiedene Möglichkeiten und schaut wie wahrscheinlich welche davon zutrifft. Als nächsten Schritt wird überlegt, wer dazu beitragen kann. Sind das Einzelpersonen oder Unternehmen? Alles wird dann beispielsweise in einer Karte notiert und damit weitergearbeitet. Damit Evelines Projekte finanziert werden können, gehört auch das Schreiben von Fördermittelanträgen zu Evelines Arbeit.

Wenn Eveline eine Idee hat, dann sucht sie sich die richtigen Partner:innen aus ihrem Netzwerk. Sie arbeitet global, daher wird vieles digital abgehalten. Wie zum Beispiel über Onlinemeetings, um sich gut über Ländergrenzen hinweg austauschen zu können. Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit sind kollaborative Dokumente. Also Dokumente, zu denen viele Mitarbeiter:innen Zugang haben, um die Idee gemeinsam auszuformulieren. Die Arbeiten müssen gut dokumentiert und präsentiert werden. Und dann stellt sich für Eveline die Frage: Wie kann die Forschungsarbeit möglichst schnell in sozial relevante Erfindungen umgesetzt werden?

Edit Paráda: Zur richtigen Entscheidung mit dem Greentech-Renovation-Entscheidungsbaum

Edit Paráda absolvierte ihre akademische Ausbildung zwischen 2018 und 2021 an der Fachhochschule Technikum Wien im Bachelorstudiengang “Urbane Erneuerbare Energietechnologien” und befindet sich derzeit im letzten Semester des Masterstudiengangs “Erneuerbare Energien”. An der Fachhochschule Technikum Wien ist sie auch seit Jänner 2022 in der Forschung tätig. Vor ihrer Ausbildung an der FH sammelte Edit praktische Berufserfahrung als Bauingenieurin in der Höheren Bauaufsicht des ungarischen Komitat-Regierungsbüros.

Forschung bedeutet für Edit, jeden Tag Neues zu lernen, Neues zu entwickeln und Neues auszudenken. Sie arbeitet im Rahmen ihrer Forschung an Projekten und innovativen Lösungen rund um Themen wie z.B. die Senkung des Energieverbrauchs, die Erreichung von Klimaneutralität oder thermische und energetische Sanierungsmaßnahmen in Kombination mit Gebäudebegrünung.

Als Forschungsgegenstand brachte Edit Paráda einen Entscheidungsbaum aus dem Projekt „Greentech Renovation“ mit. Dieser hilft bei der Entscheidung, welche Photovoltaikanlage für welches Gebäude unter welchen Voraussetzungen am besten geeignet ist.

Edit erzählte den Jugendlichen beim Speeddating, dass sie gerne einen Lösungsvorschlag erfinden würde, wie der österreichische Energieverbrauch möglichst bald zu 100% aus erneuerbaren Energieträgern gedeckt werden könnte. Da kam sofort die Frage auf, welche erneuerbaren Energiesysteme zukünftig wohl die größte Rolle spielen würden. Die Antwort war klar – Zukünftig werden alle verschiedenen Formen der erneuerbaren Energiequellen zusammenspielen, da jeweils verschiedene Aspekte abgedeckt werden. Stromerzeugung im Sommer klappt gut durch Photovoltaikanlagen, im Winter jedoch würde Windenergie eine größere Rolle spielen.

Die Schüler:innen wollten wissen, was sich Edit früher unter Forschung vorgestellt hat, als sie noch nicht selbst Forscherin war. Edit dachte, dass Forschung sehr starr und unflexibel ist und ein Arbeitstag nach genau vorgegebenen Aufgaben abläuft. Aber es ist ganz anders – in der Forschung geht es darum, für verschiedene Aufgaben eigene Lösungen zu finden und da sind meist viele Wege möglich. Der Forschungsalltag ist sehr flexibel und auch irgendwie künstlerisch und kreativ.

Die Forscherin ermutigt vor allem die jungen Schülerinnen, keine Angst zu haben, als Frau in die Forschung zu gehen.

Nina Niederhametner: Wie kann man Forschungsdaten sicher veröffentlichen?

Nina Niederhametner hat das Bachelorstudium Statistik an der Universität Wien absolviert und studiert aktuell Data Science im Master an der Technischen Universität Wien. Ihre Masterarbeit schreibt sie zum Teil im Rahmen ihrer Anstellung als Junior Researcher bei SBA Research. Sie betont, wie toll es ist, die Forschung mit dem Studium zu verbinden und welche Vorteile das mit sich bringt. 

Ninas Forschungsschwerpunkt liegt in Data Privacy und Machine Learning. Aktuell forscht Nina daran, wie man Forschungsdaten so veröffentlichen kann, dass sie persönliche Daten nicht weitergeben. Forschungsdaten sind teuer und aufwändig zu bekommen. Es macht daher Sinn diese Daten zu teilen, damit andere Forscher:innen damit weiterarbeiten können und wissenschaftliche Papers überprüft werden können.

Nach ihrer HLW-Matura ging Nina ein Jahr als Au Pair nach New York. Das möchte sie auch den Jugendlichen mitgeben: Man kann sich ein Jahr Auszeit nehmen und überlegen was man wirklich mit seinem Leben anfangen möchte. Man muss sich nicht sofort nach der Schule entscheiden, gerade wenn man nicht genau weiß was man machen möchte. Lieber sich klar darüber werden, Erfahrungen sammeln und sich vor allem über die vielen Studienmöglichkeiten informieren, die es gibt und danach entscheiden.

Diana Strauß & Verena Schuster: Einblicke ins Berufsleben beim FEMtech Praktikum

Diana Strauß absolviert aktuell den Masterstudiengang „Software- and Internet Computing“ an der Technischen Universität Wien. Sie konnte in den letzten Monaten viele Erfahrungen bei ihrem FEMtech Praktikum bei SBA Research machen.

Verena Schuster studiert nach ihrem Bachelor der Wirtschaftsinformatik derzeit im Master „Data Science“ ebenso an der TU Wien und macht nun seit Februar 2023 ein FEMtech Praktikum bei SBA Research.

Mit FEMtech Praktika für Studentinnen lernen diese verschiedene berufliche Ein- und Aufstiegswege kennen und bekommen spannende Einblicke in die angewandte Forschung und Entwicklung im naturwissenschaftlich-technischen FTI-Bereich (Forschung, Technologie und Innovation).

Beide Jung-Forscherinnen beschäftigen sich im Rahmen ihrer Masterarbeit mit dem breiten Themenfeld des Machine Learning. Diana erklärte, dass beim Machine Learning oft jahrelanges Training erforderlich ist. Die ganzen Daten und Ergebnisse, die in diesem Prozess entstehen, können dann durch sogenanntes „watermarking“ also durch Wasserzeichen z.B. vor Datendiebstahl geschützt werden.

Spannend war für die Schüler:innen zu hören, dass es auch nach dem Abschluss einer nicht technischen Schule kein Problem ist, in das Feld der Forschung und Technik einzusteigen. Es gibt viele Kurse auf der Uni, um z.B. Programmieren zu lernen. Die Jugendlichen wollten auch wissen, ob man in Englisch und Mathe sehr gut sein muss, um ein technisches Studium zu machen. Diana und Verena konnten beruhigen. Die beiden Expertinnen verdeutlichten, dass es  nicht das Wichtigste ist, welche Noten man in der Schule hatte, sondern dass das Interesse für ein Themengebiet ausschlaggebend ist. „Wenn euch was interessiert, könnt ihr alles lernen“.

Auf die Frage, was Forschung für sie ist, antwortete Diana, dass es für sie vor allem darum geht, neue Dinge kennenzulernen, ihre Neugier zu stillen und kreativ neue Lösungen und Innovation zu entwickeln. Zum Schluss hat Verena den jungen Schüler:innen noch mitgegeben, sich ruhig zu trauen, den Karriere- oder Bildungsweg auch mal zu wechseln und vor allem keine Angst zu haben, als junge Frau in den Bereich der Technik einzusteigen.